Weniger drin beim Discounter

So sollte es sein: Neue Lieferung bei Lidl in Ochsenfurt einen Tag nach dem beschriebenen Versuch: Knapp im grünen Bereich.
Im grünen Bereich.

Versteckte Preiserhöhungen überall.

Ich hab da schon immer drauf geschaut: Was ist wirklich drin in der Packung?

Aldi (damals Albrecht), Lidl und Norma bzw. ihre Vorgänger und Kupsch
in Würzburg waren meine natürlichen Freunde und Helfer beim Hardcore-Sparen als Schüler und Student, der bei der Oma wohnte, die keine 500 Mark Witwenpension im Monat hatte. Bis vor 20 Jahren galt zum Beispiel: Wenn man bei den Discountern eine Packung Lachsfilet kaufte (Aufdruck 250 Gramm, Preis 1,79 bis 1,99 Euro) konnte man sich drauf verlassen, daß die Packung um die 300 Gramm wog, und oft sogar noch mehr. Man war großzügig. Der Kunde war König und fühlte sich auch so. Ich kann mich nicht erinnern, seit es Kunden-Kontrollwagen gibt, bis vor einigen Jahren je eine eine 250-Gramm-Packung Lachsfilet mitgenommen zu haben, die weniger als 300 Gramm wog.

Das änderte sich vor etwa zehn oder so Jahren. Ich habe als notorischer „Kundenwaagenbenutzer“ (während meiner fünf bis sechs Monate pro Jahr in Deutschland) damals auch die versteckten Preiserhöhungen immer ziemlich genau mitbekommen. Wollte ja schließlich Millionär werden, was man nie durch Arbeit wird, sondern durch das, was man nicht ausgibt und statt dessen anlegt. Jedenfalls laut André Kostolany, den ich 1979 an der Uni Würzburg kennenernen durfte).

Wer erinnert sich noch an die Zeit, als plötzlich auf vielen Packungen mit folgendem Slogan (oder sehr ähnlich) Werbung gemacht wurde:

„10 % gratis…, 50 Gramm gratis…“

Das war in Wirklichkeit eine Preiserhöhung.

Es wurde eine Packung mit einem hellen Rand hergestellt. Auf den druckte man: „10 % gratis!“ Oder so. Was nicht draufstand, war die Tatsache, daß es vorher 20 Prozent gewesen waren. Wie man heute weiß: ein erster Schritt.

Nein, kein Geschenk, sondern die erste versteckte Preiserhöung.

Wenn dann die nächste Packungsserie bedruckt wurde, fehlten nicht nur der Aufdruck mit den „Zehn Prozent gratis!“ – klar! –, sondern auch die zuletzt noch gewährten angeblichen 10 Prozent mehr oder die 50 Gramm „gratis“ in der Packung. Das war die zweite versteckte Preiserhöhung. Mit einem nicht ernstzunehmenden Volk, das arbeitslose Pfaffentöchter und Vollversager ohne erkennbare Bildung in seine höchstbezahlten Staatsämter wählt und seine lebenswichtigen Interessen von Kinderbuchautoren…  aber ich schweife ab… egal: mit solchen Leuten jedenfalls kann man das machen und sie bedanken sich noch dafür: 50 Gramm „gratis“! Boah ey!

Das Nettogewicht der gekauften Einheiten lag immerhin zunächst noch deutlich erkennbar über den aufgedruckten Angaben.

Dann aber – ich schätze, daß das ist so acht, neun Jahre her – waren z. B. zwei zusammen verpackte norwegische Zuchtlachsfilets fast immer ziemlich genau abgewogen… Weil sie es können. Moderne Verpackungsmaschinen schaffen das. Das war die dritte versteckte Preiserhöhung. Nicht in allen Bereichen und Sortimenten, aber spürbar immer öfter.

Nein, ich kritisiere das nicht, ich bedaure es aber als eine Zeiterscheinung, die zur Murksel-, Maaslos-, Misere- und Banahles- Republik im Grunde genau paßte: War es früher nicht so, daß immer alles doppelt und dreifach abgesichert war? Daß man immer Reserven hatte (im Zweifel doppelt- und dreifache!)? Daß immer etwas mehr da war, als eigentlich nötig, wie es sich für ein Land der Ingenieure nämlich gehörte: Sicherer Strom, das beste Leitungswasser, die zuverlässigste Gasversorgung, das großartige technische Hilfswerk, unsere Feuerwehr, die bei jedem Wetter fahrende Bahn, geniale Handweker, intelligente Politiker mit hoher Allgemeinbildung, eine manchmal preußisch kleinliche, aber doch stets zuverlässige und berechenbare Verwaltung, ein wie am Schnürchen funktionierender Rettungsdienst, die bürgernahe Polizei, unser Freund und Helfer… War es nicht so?

Aber ach! Ingenieure werden bei den Roten und Grünen Teutonen auch schon lange gar nicht mehr ausgebildet.

Wann genau fing es eigentlich an, daß in Allemannda auf Kante genäht wird?

Genau! Es war damals, als man sich auch beim Einkauf plötzlich nicht mehr darauf verlassen konnte, da man in den Lachs- und Kabeljaupackungen zu 250 Gramm automatisch großzügige 280 bis 320 Gramm bekam.

Und dann fing man, irgendwie logisch, auch noch damit an, die bewährten Verpackungsgrößen abzuschaffen: Schinken, Salami, Käse, Butter und Schokolade nicht mehr in 100 oder 250 Gramm Packungen, ein Pfund oder ein Kilo, nein, es sind jetzt oft nur noch 70, 80 oder 235 Gramm. Nur wer in der Schule richtig gut im Kopfrechnen war, käme da noch mit. Also ab Jahrgang 1960 niemand mehr. Schon vorher nicht mehr durchblickende Michels hatten sowieso schon aufgegeben und die letzten lieben Omas aus der Kopfrechnen-Generation haben im Geschäft die Lesebrille vergessen. So ging dann die vierte versteckte Preiserhöhung auch ganz locker.

Zu Hause kann die Bildungsbürger-Oma nämlich inzwischen auch keine Preise mehr vergleichen, weil z. B. der Rewe Konzern ihr fieserweise gar keine Werbung mehr ins Haus schickt. Da paßt es erst recht, daß ihr dieser Laden auch noch die Respektlosigkeit der Marketingabteilung seines Konzerns bei jedem Besuch schon dadurch zeigt, indem er die Kunden ungebeten schon am Ladeneingang mit dem allerplumpesten aller denkbaren ungefragten „Du“ anwanzt.

Aber zurück zum Thema: Gestern kam ich nun auf die fünfte versteckte Preiserhöhung in dieser Tradition:

Die holde Gattin fliegt übermorgen aus Bangkok ein und hat selbstverständlich einen Wunsch frei, was dann auf dem Tisch steht. Sie hat Sauerkraut auf Bauchfleisch mit Kartoffelbrei bestellt, zubereitet vom Ehemann. Ehrensache.

Auf zu Lidl:
2,5 Kilo Kartoffeln im Netz 3,19 Euro.
Kartoffel-Großhandelspreise derzeit übrigens 40 Cent pro Kilo – auch ziemlich hoch. Großeinkauf und Lagern lohnt sich für überwiegende „Carnivores“ wie mich allerdings nicht. Ich koche nur noch auf Bestellung für meine liebe Frau „normal“.

Bei Lidl nehme ich zwei Netze aus dem bis auf die untersten drei Schichten schon geleerten Großkarton mit den Kartoffeln und lege sie nacheinander auf die Kontrollwage. Hoppla: beide Netze deutlich unter 2,5 Kilo.

Nochmal zwei Netze: Wieder deutlich unter 2,5. Gibt’s das?

Insgesamt wiege ich bei Lidl acht (8) Netze nacheinander. ALLE liegen deutlich unter 2,5 Kilo, drei oder vier davon sogar unter 2,4. Es könnte sein, daß die Lidl-Großpackungen schon länger herumgestanden sind und deshalb der Inhalt Gewicht durch Ausdünstung verloren hat. Wer weiß? Aber acht von acht geprüften Kartoffelnetzen mit Untergewicht? Alles auf Kante genäht, fast schon wie nach dem Vorbild unserer Hampelpolitiker?

Nee, muß nicht sein. Erst mal Tschüß hier.

Bin sowieso sauer auf Lidl, weil sie meine voriges Jahr zuhauf gekauften schönen fetten US-Chuckeye-Steaks nicht mehr im Sortiment haben. Nur das langweilige, viel zu magere und zu dünn geschnittene EU-Zeugs, das wie trockenes Papier schmeckt.

Ich pfeife auf vorauseilend politisch-korrektes Grünfleisch! Schmecken muß es, Leute! (Glück, bei Kaufland gibt es die US-Steaks noch.)

Auf zu Aldi, bei uns direkt gegenüber Lidl:

Das Netz zu 2,5 Kilo Kartoffeln hier nur 2,99 Euro, und rein optisch sehen sie sogar besser aus als bei Lidl.

Die ersten zwei Netze auf der Kontrollwaage. Siehe da: 2,651 und sogar 2,804 Kilo, letzeres ist wohl auch nicht so ganz normal.

Ich nehme natürlich das schwere Netz und ziehe ab.

Bei unserer Norma-Filiale, eigentlich der kleinste und sympathischste Discounter ohne Schnickschnack, kostet die gleiche Menge Kartoffeln (2,5 kilo im Netz) am gleichen Tag sogar „nur“ 2,79 Euro, aber dort gönnte man seinen Kunden keine Kundenwaage, weswegen ich ihnen diesmal im Gegenzug meinen Einkauf nicht gönnte.

PS:
Der Vollständigkeit halber wird noch mitgeteilt, daß Lidl gleich am nächsten Tag (einem Samstag) seinen Kartoffelpreis an die 2,99 Euro von Aldi angepaßt hatte.

Schreibe einen Kommentar

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.